Archiv | Dezember, 2011

Kirschsblog wünscht allen Leserinnen und Lesern Frohe Weihnachten und ein Glückliches Neues Jahr

24 Dez

„Weihnachten“

Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt
Tausend Kindlein stehn und schauen,
Sind so wunderstill beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus ins freie Feld,
Hehres Glänzen, heilges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schnees Einsamkeit
Steigts wie wunderbares Singen –
O du gnadenreiche Zeit!

Joseph von Eichendorff (1788 – 1857) 


 

Ein Brief vonTies Rabe und viele Wahl-Versprechen: Wann stellt sich Olaf Scholz seiner Verantwortung?

23 Dez

Wir werden keine blumigen Versprechen machen und auch keine Beschönigungen. Wir sagen, was geht und was nicht. Ich will, dass in Hamburg wieder eine Politik der Verlässlichkeit ins Rathaus einzieht“, das hat Olaf Scholz den Hamburger Bürgern in seiner Regierungserklärung nach seiner Wahl zum ersten Bürgermeister versprochen. Das war im März diesen Jahres.

Jetzt kurz vor Weihnachten, nur 9 Monate später, ist das Vertrauen vieler  Bürger in den neuen SPD Senat angeschlagen. Der Grund ist wieder, wie bei der  Vorgängerregierung, die Schulpolitik. Eltern, Netzwerke, Schulleiter, Wohlfahrtsverbände, Gremien protestieren vereint gegen die Schulpolitik von SPD Schulsenator Ties Rabe. Dabei haben sich besonders in der Kritik an der  Ganztags-Grundschulreform auch über politische Grenzen hinweg  ungewohnte Allianzen gebildet. Doch bis auf ein leises Einlenken bei den Abholzeiten der geplanten ganztägigen Bildung und Betreuung, GBS, macht der SPD Schulsenator keine Anstalten, von seiner Ganztags-Reform abzurücken. Weder hat er eine Entschleunigung der Reform in Aussicht gestellt, noch kommt er den Forderungen der Eltern aus Horten und Grundschulen nach besserer Ausstattung, pädagogischem Konzept, mehr Personal und Vielfalt des Betreuungsangebots entgegen.

In seiner Regierungserklärung hatte Olaf Scholz noch im März als Hamburgs neuer Bürgermeister ganz anderes versprochen:

„Wir werden Hamburg zur kinder- und familienfreundlichsten Stadt Deutschlands machen.…. Im ersten Schritt werden unter anderem noch zum August die von schwarz-grün beschlossene Gebührenerhöhung rückgängig und ein gebührenfreies Mittagessen in Krippen, Kitas und Horten möglich gemacht. Wir werden im Laufe der Legislatur – auch das gilt – die Personalausstattung und die Qualität der Betreuung  verbessern,“ sagte Olaf Scholz damals.

Doch jetzt sehen Hamburgs Eltern mit der Ganztags-Schulreform eine erhebliche Verschlechterungen für die Betreuung ihrer Kinder auf sich zukommen. Zwar hatte Olaf Scholz  im März einen massiver Ausbau von Ganztagsschulen angekündigt, aber er hatte gleichzeitig Mittagessen und Horte angekündigt. Kein Wort davon, dass in nur einem Jahr alle Hamburger Grundschulen die Umwandlung ihrer Schulen in Ganztagsschule beantragen sollten, kein Wort von einer Abschaffung der Kitagutscheine und Horte. Und kein Wort deutete auf die jetzt von Eltern kritisierte massive Verschlechterung der Betreuung nach einer Komplett-Verlagerung der Nachmittagsbetreuung von den Horten in die Schulen hin.

Wie sehr die Schulpolitik des SPD Senats von den Ankündigungen der Vorwahlzeit abweicht, zeigt der folgende Brief von Ties Rabe, der als damaliger Vorsitzender des Schulausschusses der Bürgerschaft Fragen eines Vaters beantwortete. Es ging darum, wie der heutige Schulsenator vor der Wahl das Vorläufermodell von „GBS“ beurteilte, die damals „GABI“ genannte Hort- und Ganztagsreform der früheren CDUGAL Regierung.

Ties Rabe schrieb am 9. Februar folgenden Antwortbrief an den Vater:  

Zusammengefaßt lautet meine Antwort: Hortbetreuung an der Schule – eine im Prinzip gute Idee, aber leider schlecht gemacht: Gut finde ich zunächst einmal den dringend notwendigen Ausbau von Ganztagsangeboten. …,.,.

Ich finde es auch vernünftig, bestehende Angebote zum Ausbau der Ganztagsangebote zusammenzuführen. Das gilt besonders für die Horte, die ein anerkannt gutes Angebot in Hamburg machen. Bevor also die Schulen eine eigene Nachmittagsbetreuung mit eigenen Mitteln neu erfinden, halte ich es für sinnvoll, die bestehenden und bewährten Angebote zu nutzen und mit Schule zusammenzuführen.

Allerdings sorgt das Konzept „GABI“ zurzeit für mehr Flurschaden als Nutzen. Dazu trägt der unklare Zeitplan erheblich bei. Erst hieß es, das System starte sehr schnell, dann war nur noch von 5 Pilotschulen die Rede, dann wurden aber 5 + 23 neue Schule  zugelassen, und auch der Zeitplan wurde wieder geändert.

Erst Recht ist nicht klar, ob und ab wann die für die Pilotversuche geltenden Bedingungen für alle Horte in ganz Hamburg gelten sollen. Diese Bedingungen sehen eine Reihe von problematischen Einsparungen im Hortbereich vor. Deshalb haben jetzt einige Horte ihre bestehenden Angebote eingestellt, weil ihr Hort unter den angekündigten neuen Bedingungen nicht mehr wirtschaftlich geführt werden kann.

Hier gilt, was die gesamte Schulpolitik der CDU-GAL-Koalition prägt: Gute Idee, ungenaue Planung, ungenaue Ansagen, größtmögliches Durcheinander, unterm Strich erst einmal mehr Schaden als Nutzen.

Deshalb muss eine künftige Regierung handwerklich anders an die Sache herangehen.
– Um nicht erneut die Sache ins Chaos zu stürzen dürfen alle 5+23 „Pilotschulen“ ihre geplante Arbeit beginnen.
Gleichzeitig muss durch Gespräche und Vereinbarungen mit den anderen Hortträgern sicher gestellt werden, dass die bestehenden Angebote unverändert beibehalten werden und nicht weiter reduziert werden.
Die Erfahrungen der Pilotschulen müssen vor der Entscheidung über neue Maßnahmen erst einmal abgewartet und ausgewertet werden.
Danach muss auf der Grundlage dieser Erfahrungen entschieden werden, ob der Weg eine Perspektive für alle Schulen bietet. Zum jetzigen Zeitpunkt kann das niemand seriös entscheiden.
Das alles braucht etwas mehr Zeit. Deshalb halte ich es für kaum vorstellbar, dass es ab 2013 nur noch das neue System „GABI“ geben wird.

Das wäre der Weg, den ich für sinnvoll halte. Schritt für Schritt. Das ist vielleicht nicht so spektakulär wie die Vorschläge von Frau Goetsch und Herrn Wersich, man kommt damit vielleicht auch nicht immer in die Zeitung – aber dafür funktioniert das Ganze.

Herzliche Grüße

Ties Rabe
Mitglied der Hamburgischen Bürgerchaft
Schulpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion

Ties Rabe hat also vor der Wahl das Gegenteil von dem gesagt, was er heute als Senator tut. Seine Forderungen an die damalige Regierung von CDU/GAL  entsprechen in wichtigen Punkten den Forderungen der Eltern, die jetzt gegen seine Reform protestieren.

In seiner Regierungserklärung im  März hat der frischgebackene  Bürgermeister Olaf Scholz auch folgendes erklärt: „Ich verspreche den Hamburgerinnen und Hamburgern: Dieser Senat nimmt Politik sehr ernst. Der Maßstab unseres Handelns ist, dass es uns gelingt, das Leben im Alltag – ganz konkret und fühlbar – wieder ein wenig besser zu machen. Wer immer sich daran beteiligen will – in der Stadt und in der Bürgerschaft – ist herzlich Willkommen“. 

Die Hamburger Eltern wollen sich jetzt beteiligen, sie haben Initiativen gebildet und konkrete Forderungen an den Senat gestellt. Sie wünschen eine Entschleunigung der Reform, bessere Rahmenbedingungen und Vielfalt der Betreuungsangebote, genau wie im Februar Ties Rabe in seinem Brief.

Doch mit Ausnahme der zugesagten Flexibilisierung bei den Abholzeiten hat  Ties Rabe als Schulsentor bisher alle Proteste und Forderungen von Hamburgerinnen und Hamburgern abgewehrt.

Doch mit den neuen Allianzen quer durch alle politischen Reihen wird der Protest jetzt immer deutlicher und schärfer. Und damit zielt er nicht mehr allein auf den Schulsenator.  Jetzt wollen Eltern und Bürger keine „blumigen Versprechungen und Beschönigungen“. Viele erwarten, dass nun Bürgermeister Olaf Scholz eingreift und das umsetzt, was er im März in seiner Regierungserklärung  angekündigt hat. Die Hamburgerinnen und Hamburger wünschen, dass sich in der Frage der Ganztags-Reform und der ganztägigen Betreuung jetzt seiner Verantwortung als Regierungschef stellt sich an sein Versprechen aus der Regierungserklärung hält, Bürger an seiner Politik zu beteiligen

Es gehe darum,  so erklärte Olaf Scholz im März, „dass Bürgerinnen und Bürger aus ihren Alltagserfahrungen heraus schon sehr genau wissen, was zu tun ist. Allzu ideologische Politik kann mit ihren Vorfestlegungen da leicht einer Lösung im Weg stehen.“ http://www.olafscholz.de/1/pages/index/p/5/1629

So wie im März versprochen, sollte Olaf Scholz jetzt im Fall der Ganztags-Grundschulreform auch handeln. Doch dafür bleibt nicht viel Zeit.

Erstes Einlenken von Schulsenator Rabe: flexiblere Abholzeiten bei der „Ganztägigen Bildung und Betreuung“ GBS angekündigt

19 Dez

Ein erstes Einlenken von Schulsenator Rabe kündigte heute dessen Pressesprecher Peter Albrecht an. Die Abholzeiten bei der Ganztägigen Bildung und Betreuung, GBS, sollen flexibler werden, als bisher vorgesehen.

Die Proteste gegen die SPD Ganztags- Schulreform hatten sich in den letzten Tagen immer mehr ausgeweitet:  Heftige Kritik an den mangelhaften Rahmenbedingungen, an fehlenden Räumen oder dem zu geringem Betreuungspersonal, an mangelnder Flexibilität bei den Abholzeiten, fehlender Information der Eltern und insbesondere an dem hohen Tempo  bei der Umsetzung kam vom Landeselternausschuss  Kindertagesbetreuung (LEA), der Elternkammer, von  Soal e.V. und dem Paritätischen Wolhlfahrtsverband und auch vom Netzwerk der früheren Primarschulgegener „Wir wollen lernen„.

Viele betroffene Eltern fragten sich, ob und wie der Hamburger Senat auf den geballten Protest der letzten Tage reagieren werde. Alle hofften auf ein Einlenken der beteiligten Senatoren, insbesondere von Schulsenator Ties Rabe: Kirschsblog hat dort nachgefragt – und umgehend Antworten von Pressesprecher Albrecht erhalten.

Zunächst gibt es dabei nichts Neues: Wer Entschleunigung wünsche, müsse auch erklären, wie man 1000 neue Betreuungsplätze jährlich schaffen könne und darüber hinaus auch zusätzliche Nachmittagsbetreuung für Kinder, deren Eltern nicht beide berufstätig seien. Kein Problem, sagen dazu Elternvertreter von Horten, es müsse nur Kitagutscheine für alle geben, auch früher habe es Hortplätze für Kinder von nichtberufstätigen Eltern gegeben, die Horte könnten bei Finanzierungsicherheit auch bedarfsgerecht weiter ausbauen.

Ebenfalls nicht neu ist die zweite Antwort von Ties Rabes Pressesprecher Albrecht. Im Jahr 2012 würden nur Schulen starten, die dies „freiwillig“ wollten und die auch die Voraussetzungen erfüllen, die nächsten Schulen würden erst 2013 mit den Ganztagsangeboten starten, und zwar nur „wenn eine ausreichende Nachfrage durch die Eltern vorhanden ist.“

Das sehen viele betroffene Eltern und Elternräte an den Schulen ganz anders: Weil die Behörde demnachst die Kitagutscheine streicht, wann genau, ist noch unklar,  fühlen sich viele Schulkonferenzen erpreßt, jetzt schon eine Umwandlung in GTS zu beantragen, so dass keine Eltern am Ende ohne Nachmittagsbetreuung für ihre Kinder dastehen. Dies gilt für 2012 und erst recht für 2013, und zwar auch, wenn nur eine kleine Minderheit von Eltern die Betreuung benötigt. In einem Fall wird von 50 Eltern mit Betreuungsbedarf berichtet, für die eine ganze Schule nun auf Ganztägige Bildung und Betreuung, GBS, umstellt, gegen eine große Mehrheit von Eltern, die dagegen gestimmt haben.

Die nächste Antwort ist seit heute auch schon bekannt: Statt bisher bis 16 Uhr, soll künftig nur bis 15 Uhr eine Anwesenheitspflicht für Kinder in der  Nachmittagsbetreuung gelten, und zwar an mindestens drei Wochentagen. Dies entspräche dem kleinsten Hortgutschein (H2), mit “ Mittagessen, Freies Spiel und Hausaufgabenbetreuung“, so Peter Albecht.

Ganz neu ist aber folgende Antwort von Ties Rabes Pressesprecher. Sie betrifft eine der Kernforderungen der Eltern, die sich flexiblere Abholzeiten für die GBS –  Nachmittagsbetreuung wünschen. Hier scheint der versammelte  Protest von Eltern, Gremien, Netzwerken und Wohlfahrtsverbänden ein erstes Einlenken des Schulsenators bewirkt zu haben:

„Da das offene Ganztagsangebot gerade keine Schulpflicht bedeutet, kann es auch flexible Vereinbarungen geben, etwa wenn Eltern Schichtdienst haben oder es andere Ausnahmesituationen gibt“

Ein weiterer Punkt betrifft die Essenqualität. Die Eltern hatten sich echte Produktions – Küchen gewünscht, in denen auch gekocht werden kann, nicht nur Küchen, aus denen fertiges Essen ausgeteilt wird. Für Produktionsküchen gibt es nach Auskunft des Pressesprechers Albrecht nicht genügend Geld,  „unter den aktuellen Haushaltsbedingungen“ sei dies nicht ohne eine Erhöhung der Elternbeiträge zu finanzieren. Hohere Beiträge würden aber viele Kinder vom Mittagessen ausschließen. Der Verzicht auf Produktionsküchen bedeute aber keineswegs den Verzicht auf gute Qualität. Es gebe eine Eine Reihe von Essensanbietern, die gute Qualität zu einem akzeptablen Preisen, das sind 3.50 Euro, anbieten könnten.

Zu der Forderung nach mehr pädagogischer Qualität und pädagogischen Konzepten erklärt Pressesprecher Albrecht, jede Schule werde  in „Zusammenarbeit  mit dem von ihr ausgewählten Hortträger ein pädagogisches Konzept“ zur engen „Verzahnung beider Institutionen zum Wohle der Kinder“ festlegen. Um die „qualitätiven Standards sicherzustellen“, werde die Nachmittagsbetreuung werde künftig durch Schulinspektionen  geprüft. Diese Antwort dürfte in den Ohren der Betroffenen Eltern und Gremien zu schwammig ausgefallen sein. Von Eltern der ersten Pilotschulen werden erhebliche Mängel berichtet, bei der Hausaufgabenbetreuung, dem Kurssystem, dem Betreuungspersonal, das oft durch Studenten ersetzt werde.  Statt einer dem Kind zugewandten Sichtweise wie in bewährten Horten, begleitet von intensiven Gesprächen, werde von Pilotschulen berichtet, dass Kinder, die dort nicht funkionierten, bis zu 2 Stunden im Schulsekretariat sitzen müßten, erzählt der Vater eines Hortkindes.

Der letzte Punkt betrifft die Gruppengrößen, von vorgesehen 19 bzw. 23 Kindern pro Erzieher, je nach Sozialindex der Schule. Es gebe aber ein „zusätzliches pädaogisches Budget“ , so dass jede Gruppe nicht mit einem Erzieher, sondern rein rechnerisch mit 1,23 Erziehern versorgt sei, so Pressesprecher Albrecht. Ferner seien nicht immer alle Kinder da. Der von Pressesprecher Albrecht daraus errechnete Betreuungsschlüssel von 1 zu 12 und 1 zu 15, je nach Sozialindex hat allerdings Berechnungen von betroffenen Eltern und Erziehern so nicht standgehalten.

Eltern, die als Unternehmensberater tätig sind,  haben nachgerechnet: Die früher getrennten Budgets für Personal und Sachkosten seien bei GBS zusammengefaßt worden. Das Budget für die Betreuung bei GBS ist nach den Berechnungen der Eltern rund 25 Prozent niedriger als bisher bei den Horten. Dabei sind die Zuschüsse, die die Träger von Horten darüber hinaus für Gelände erhalten, noch nicht einmal mit berechnet, erklärt eine Mutter der Elterninitiative „Bildung und Vielfalt“.

Was bleibt, ist das Einlenken des Schulsenator Entwicklung bei der Frage der Flexibilität. Die zugesagten individuellen Vereinbarungen müssen allerdings von den Eltern in den GBS Schulen erst einmal ausgehandelt werden. Die Praxis wird zeigen, wie flexibel die Abholzeiten dann tatsächlich sein werden.

Das gab’s schon einmal: Die Ganztagsschule des Schulsenators und das 50 Jahre alte Vorläufermodell

18 Dez

Weiße Tischdecken und weißes Porzellan statt Plastikschalen, aber ansonsten passt alles genau zusammen: die Bilder einer Hamburger Modellschule von 1961 und die Beschreibung einer Hamburger Modellschule vom November 2011: 

„Die Kinder gehen mit dem Essen zurück in den Klassenraum, mein Sohn sitzt dort den ganzen Tag an seinem Platz“, berichtet im November eine Mutter aus einer Modellschule, die in diesem Jahr die „ganztägige Bildung und Betreuung, GBS,  eingeführt hat.  Im Klassenraum sollen die Kinder spielen und ihre Hausaufgaben erledigen……

Wie der Bericht aus den sechziger Jahren zeigt: Die GBS und Ganztagsschul-Pläne von Ties Rabe in Hamburg reichen weit zurück in die Vergangenheit, und auch bei der Umsetzung  von damals gibt es erstaunliche  Ähnlichkeiten mit der heutigen Version von Ties Rabe:

 http://www.rheinmaintv-video.de/video/iLyROoa

Ganztags – Überraschung: Walter Scheuerl und LEA gemeinsam gegen SPD Schulreform

17 Dez

Das dürfte für Schulsenator Ties Rabe gestern eine herber Schreck gewesen sein: Walter Scheuerl, Initiator des Volksentscheids gegen die Primarschule und die Vertreterin des Landeselternausschusses Kindertagesbetreuung, LEA, Sabine Buhk saßen einträchtig  Seite an Seite auf dem blauen Sofa von Hamburgs  Stadtsender  HH1. Die Vertreter zweier Gruppierungen, die sich bisher schulpolitisch oft heftig bekämpft hatten – verbündet im  gemeinsamen Einsatz gegen Ties Rabes geplante  Ganztagsschule und die „Ganztägige Bildung und Betreuung, GBS“.

Die Not sei groß, denn alles gehe zu schnell und sei nicht ausgeplant,  so LEA Vertreterin Buhk. Es gebe viele gute Horte und Betreuung, erklärte Walter Scheuerl, Ties Rabe versuche nun, alles „über’s Knie zu brechen“, und die freie Hortbetreuung in die Schulen „hineinzudrücken“, ohne es vernünftig geplant zu haben, z.B. in Punkto Mittagessen oder Freizeiträume. Senator Rabe habe  die Möglichkeit, sich erst einmal auf auf die Schulen konzentrieren, an denen es die Mehrheit Eltern, nicht etwa die Schulleitungen, auch wünschten, statt  die Reform flächendeckend bis 2013 durchzuziehen. So könne er auch andere Eltern überzeugen.

Viele Eltern seien sehr aufgebracht, dennoch werde die Reform unverändert durchgezogen. Eine Reform sollte aber nicht „durchgedrückt“ werden, sagte Sabine Buhk. Sollten SPD und Behörde jetzt den Versuch machen, wegen der Elternproteste gegen die Reform, wie angedeutet gleich flächendeckend die verbindliche Ganztagsschule einzuführen, dann werde der Protest erst richtig losgehen, ergänzte sie. 

Wie  man künftig gemeinsam vorgehen will, blieb bei diesen gemeinsamen Auftritt aber noch offen. Es habe erste Gespräche gegeben, gemeinsame Aktionen seien aber noch nicht geplant, erklärte S. Buhk. Walter Scheuerl verwies auf künftige Telefonate, Gespräche und auf eine öffentliche Anhörung zum Schulentwicklungsplan im Schulausschuss. Im Januar werde  das Thema wieder auf die Tagesordnung kommen.

So überraschend dieser gemeinsame Auftritt gestern auch war, die Eltern aus Horten und Schulen haben auf ihren drei bisherigen Netzwerktreffen gegen  Ganztagsreform schon lange zu einem „gemeinsamen Vorgehen früherer schulpolitischer Gegner“ zusammengefunden.  Seit dem ersten Treffen im November sitzen Eltern von LEA,  von „Wir Wollen Lernen“ und andere Eltern aus ganz Hamburg zusammen an einem Tisch. Die Eltern, Primarschulgegner  wie auch  Primarschulbefürworter, haben sich über schulpolitische Unterschiede hinweggesetzt, um sich gemeinsam gegen die  Ganztagsschulpläne von Schulsenator Rabe zu wehren.

Sie haben gemeinsam vier Forderungen an Schulsenator Rabe aufgestellt: 

1. Entschleunigung.

2. Flexibilität

3. Kein Zwang: D.h. keine flächendeckende Einführung der gebundenen Ganztagsschule für alle.

4. Kein Zurück unter die bisherigen Bedingungen der Betreuung von Kindern, wie sie bisher für den Hort galten.

Der Druck auf Schulenator Rabe, den Eltern bei ihren Forderungen entgegenzukommen, hat gestern wohl noch einmal zugenommen.

Schulsenator Rabe zur Kritik der Elternkammer an der Ganztags-Schulreform

15 Dez

„Ich bin zuversichtlich, dass wir die Kritikpunkte ausräumen können“, erklärte Schulsenator Rabe heute mittag  am Rande einer Pressekonferenz zu der Kritik und den Forderungen der Hamburger Elternkammer in Hinblick auf seine Ganztags-Schulreform und der Ganztägigen Bildung und Betreuung, GBS, an  den Grundschulen.

Die Elternkammer hatte in einer Stellungnahme eine umfangreiche  Mängeliste erstellt, zahlreiche Verbesserungen bei der Ganztags-Reform und GBS gefordert, und eine flächendeckende Einführung der ganztägigen Bildung und Betreuung an Grundschulen abgelehnt. Zu ihren Forderungen gehört u.a. der Erhalt von vielfältigen Schulformen, Halbtagsschulen, Ganztagsschulen und GBS in zumutbarer Entfernung  von Familien, deutlich bessere Rahmenbedinungen in Punkto Ausstattung und Betreuungsschlüssel,  Verbesserungen für Inklusion und Vorschulkinder,  sowie flexible Abholzeiten.

Auf die Frage, ob die Einführung der Ganztagsschule und GBS nicht wie von der Elternkammer gefordert, verschoben werden müßte, erklärte Ties Rabe heute, „wenn wir die Punkte nicht erledigt hätten, müßten wir verschieben“.  Einiges sei derzeit in Vorbereitung und werde demnächst der Öffentlichkeit vorgestellt, erklärte er, ohne Details zu nennen.

Für die Grundschulen, denen er nur noch bis Ende Dezember Zeit läßt, eine von vier Formen von Ganztagsschule zu wählen, um dann im nächsten Schuljahr damit anzufangen, kommt diese Erklärung allerdings zu spät.

Über den Punkt Flexibilität der Abholzeiten bei der künftigen schulischen Nachmittagsbetreuung soll heute in der Bürgerschaft abgestimmt werden. Dazu liegen zwei Anträge von CDU und SPD vor. Viele Eltern, insbesondere viele Mütter, fordern, dass sie ihre Kinder auch an den Schulen wie bisher in den Horten früher als 16 Uhr abholen können.

Elternkammer lehnt flächendeckende Einführung von „ganztägiger Bildung und Betreuung“ (GBS) ab

15 Dez

 

Der Elternprotest gegen die Ganztags-Schulreform von Schulsenator Rabe weitet sich aus: In einer Stellungnahme vom 13.12. lehnt die Elternkammer  „die von Herrn Senator Rabe am 01. September 2011 angekündigte flächendeckende Einführung von GBS an Grundschulen zum Schuljahr 2013/14 ab.“ Die Elternkammer schließt sich mit ihrer Stellungnahme der Kritik des Landeselternausschuss Kindertagesbetreung an, der am vergangenen Freitag einen Stop der Ganztags-Grundschulreform gefordert hatte.

Die Elternkammer fordert in ihrer Stellungnahme, dass Schulen auch nach 2014 Halbtagsschule bleiben können und dass die Umwandlung in Ganztagsformen nur freiwillig erfolgen darf. Darüber  soll, so die Elternkammer, die Elternschaft der Schule befragt werden, dann soll die Schulkonferenz entscheiden.

Darüber hinaus “ sollten in zumutbarer Entfernung vom Wohnort im jeweiligen Anmeldeverbund alle Schulformen von Halbtagsgrundschule, GBS sowie schulisch organisiertem Ganztagsbetrieb angeboten werden, so dass Eltern die Wahl haben, die für ihre Kinder und ihre Lebenssituation bestmögliche Schul-form zu wählen“.

Die Elternkammer kritisiert die fehlenden Auswertung bzw. Evaluation der bisherigen Pilot- und Modellschulen, es fehle ferner an einem Konzept für die Zusammenarbeit mit den Jugendhilfeträgern für eine qualitativ gute Umsetzung von GBS.

Viele Gelingenbedingungen seien nicht erfüllt: Es fehle ein “ sozial gestaffeltes Gebührensystem…die Ressourcenzuweisung für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (Inklusion) ist ungenügend … und die Kind-Erzieher-Relation von Vorschulkindern ist im Vergleich zum bestehenden Hortsystem deutlich verschlechtert.“

„Die starren Abholzeiten“, mit Anwesenheitspflicht bis 16 Uhr an drei Tagen seien „eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem heutigen Hortsystem und widersprechen den Bedürfnissen vieler Eltern insbesondere im Hinblick auf flexible Arbeitszeiten“, so die Elternkammer  weiter in ihrer Stellungnahme. Es sei außerdem  „fraglich, ob eine reine Nachmittagsbetreuung an GBS die rechtlichen Voraussetzungen für Anwesenheits- bzw. Schulpflicht erfüllt“.

In weiteren Kritikpunkten geht es auch um das Mittagessen für die Kinder: Es fehle die Planung von „Produktionsküchen“. Darüber hinaus könnten auch die Kosten von GBS über denen der Kita Gutscheine liegen. GBS gelinge an den denPilot- und Modellstandorten zurzeit nur unter hohem persönlichen Einsatz der beteiligten Lehrer, Erzieher und Eltern, die sich freiwillig zu diesem Schritt entschieden haben.“

„Eine zwangsweise Einführung unter diesen Bedingungen an den restlichen über 100 Grundschulen binnen nur drei Jahren wird wohl zu einer deutlichen Verschlechterung der Nachmittagsbetreuung der Kinder gegenüber dem bestehenden Hortsystem führen“, so die Elternkammer.

„Sie wird daher von der Elternkammer abgelehnt.“

http://www.elternkammer-hamburg.de/uploads/media/ST_610-11_GBS.pdf

 

 

Verfassungsgericht urteilt: Volksentscheid gegen die Primarschule ist rechtsgültig

14 Dez

Im Namen des Volkes erfolgt folgendes Urteil: Der Antrag ist abgelehnt“, mit diesen Worten von Hamburgs obersten Verfassungsrichter Gerd Harder hat gestern vormittag gegen 10.45 Uhr das  Hamburgische Verfassungsgericht endgültig entschieden: Der Volksentscheid gegen die Einführung der sechsjährigen Primarschule vom 18. Juli 2010 ist rechtsgültig.  Der Antrag dreier Hamburger Kläger und Befürworter der Primarschule, den Volksentscheid für rechtswidrig und ungültig zu erklären, wurde damit zurückgewiesen. 276.416 Hamburger Bürger, die für die Vorlage der Volksinitiative „Wir Wollen Lernen“ und gegen die Einführung der Primarschule gestimmt hatten, haben nach dem Urteil des Verfassungsgerichts den  Volksentscheid endgültig gewonnen.

Ein Urteil, mit dem die meisten Beobachter gerechnet hatten. Eine Überraschung gab es dennoch:  Das Urteil war in einem Punkt nicht einstimmig. Vier von 9 Verfassungsrichtern haben ein Minderheitenvotum abgegeben.  Demnach war die Tatsache, dass es neben dem Antrag der Primarschulgegner auch noch eine zweite Gegenvorlagr der Bürgerschaft für die Primarschule auf dem Stimmzettel gab, und dass die Abstimmungsberechtigten im Volksentscheid damit bei zwei Anträgen  jeweils mit Ja stimmen konnten, rechtswidrig. Die Doppel Ja- Stimmen verstießen gegen den „wahl-, und abstimmungsrechtlichen Gleichheitssatz“ und seien damit ungültig.

Die Mehrheit der Verfassungsrichter urteilte dagegen anders und hat die Anfechtung des Volksentscheids durch die drei Kläger zurückgewiesen. In einer fast dreistündigen Verlesung  begründete der Präsident des Verfassungsgerichts Harden dieses  Urteil. Die meisten der inhaltlichen Rügen der Kläger seien von einer verfassungsrechtlichen Prüfung ausgeschlossen, erklärte er.

Darunter Rügen zu Verstößen gegen die Sachlichkeit, zu der Koppelung von verschiedenen Inhalten in den Anträgen, wegen Vandalismus an Plakaten im Vorfeld des Volksentscheids oder wegen der bloßen Meinungsbekundungen in der Gegenvorlage der Bürgerschaft. Die vor dem Volksentscheid erfolgten Volksinitiative und Volksbegehren seien ebenfalls nicht verfassungsgerichtlich zu überpüfen, da sie nicht mit einer Wahl zu vergleichen seien.

Das Verfassungsgericht könne nur das Abstimmungsverfahren prüfen, den Auszählungs- und Auswertungsvorgang, sowie die Frage des Quorums der Gegenvorlage. Wichtigster Punkt war dabei die Frage der Doppel Ja- Stimmen für die zwei Vorlagen im Volksentscheid.

Der  Hintergrund: Die Bürgerschaft hatte im Mai 2010 beschlossen, eine Gegenvorlage  zu dem Antrag der Primarschulgegner auf die Stimmzettel zu bringen, in der die Bürger  für die Primarschule stimmen konnten. Über beide Vorlagen, die der Initiative gegen die Primarschule und die Gegenvorlage der Bürgerschaft für die Primarschule, konnten die Bürger beim Volksentscheid  jeweils mit ja und nein abstimmen.

Nach den Bestimmungen des Volksabstimmungsgesetzes handele es sich dabei um zwei seperate Abstimmungen, erklärte der Präsident des Verfassungsgerichts gestern dazu. Im Falle dieser parallelen Ja -Stimmen seien alle gesetzlichen Grenzen gewahrt, sowohl des Bundesverfassungsgesetzes als auch des Hamburger Verfassungsgesetzes. Die Behandlung zweier paralleler Ja- Stimmen zu zwei inhaltlich widersprüchlichen Vorlagen entspräche „der einfachen Rechts- und der Verfassunglage“. Der Antrag der Kläger, den Volksentscheid ungültig zu erklären, ist nach dem Urteil des Verfassungsgerichts deshalb „unbegründet“. Damit erübrigt sich nach dem Urteil auch “ eine Ermittlung, ob nach Abzug paralleler Ja-Stimmen die Vorlage der Volksinitiative die erforderliche Mehrheiten erlangt habe.. durch Neuauszählung der Stimmzettel“.

Diese Frage der Doppelstimmen hätte nach Ansicht von Prozessbeobachtern aber ohnehin keinen Einfluss auf das Ergebnis des Volksentscheids, so auch die Initiatoren des Volksentscheids von „Wir Wollen Lernen“. Sie haben Ja und Neinstimmen  gegeneinander ausgezählt und dabei festegestellt , dass es sich bei den Doppel Ja- Stimmen, sollte es sie denn in größerer Zahl überhaupt geben, rein rechnerisch  um maximal 17 000 Stimmen handeln kann. Dies Stimmen würden das Ergebnis des Volksentscheids nicht berühren:

Denn das amtliche Endergebnis des Volksentscheids lautete:

276 416 Ja- Stimmen, das waren  58,0 Prozent,  für den Antrag der Primarschulgegner von  „Wir Wollen Lernen“  

217 969 Ja -Stimmen, das waren 45,5 Prozent, für den Antrag der Primarschulbefürworter, bzw. der Bürgerschaft.

 http://www.luewu.de/anzeiger/2010/60.pdf

Bei einen Vorsprung von 58.447 Stimmen für die Primarschulgegner von „Wir wollen Lernen“ würden die 17 000 Doppel Ja- Stimmen nichts am Ergebnis des Volksentscheids ändern. 

Dies betrifft ferner auch das Quorum, also die Regelung, dass mindestens ein Fünftel der Wahlberechtigten einem Volksentscheid zustimmen muß. Ein Fünftel der Hamburger Wahlberechtigten waren in diesem Fall „exakt 247 335 Personen“.  nachzulesen bei: http://www.luewu.de/anzeiger/2010/60.pdf

Selbst nach Abzug von 17 000 möglichen Doppel Ja-Stimmen blieben also 259 416 Stimmen für den Antrag der Primarschulgegner,  das wären 12 081 Stimmen mehr als für das Quorum benötigt.

Am Ergebnis des Volksentscheids würde sich also auch in Hinblick auf das Quorum nichts ändern.

Der Initiator von WWL, Walter Scheuerl, hat in einer Presseerklärung noch einmal darauf hingewiesen, Wahlbeobachter der Volksinitiative hätten die Auszählungen beim Volksentscheid “ in nahezu allen Abstimmungsstellen“ verfolgt, „Das Gespenst der vermeintlichen „Doppel-Ja“-Stimmen, wie sie von den vier abweichenden Richtern für theoretisch möglich gehalten werden, gab es nur vereinzelt und nur in wenigen Abstimmungsstellen.“

Er wies noch einmal darauf hin, dass dieses Urteil auch für künftige Volksentscheide große Bedeutung hat:  Die „Mehrheit der Verfassungsrichter hat die abweichende Auffassung … auch aus einem weiteren Grund zutreffend abgelehnt und überstimmt: Träfe die Auffassung der vier Abweichler zu, wären das ein Frei-Schein und geradezu eine Aufforderung an die Politik, wie im Sommer 2010 geschehen künftig der Vorlagen einer Volksinitiative im Volksentscheid eine strategisch gegenläufige und wohlklingend formulierte Gegenvorlage entgegenzusetzen, um auf diese Weise gezielt „Doppel-Ja“-Stimmen zu provozieren, um die Quoren zu beeinflussen.“

 

Elternprotest gegen die Ganztags-Schulform: Das dritte Vernetzungtreffen von Hamburger Hort- und Grundschuleltern

13 Dez

In diesen letzten zwei Wochen vor Weihnachten geht es für Schulsenator Ties Rabe in Hamburg keineswegs weihnachtlich und besinnlich zu: Am Freitag hatte der Landeselternausschuss der Horte und Kitas öffentlich einen Stopp der Ganztags-Grundschulreform des Schulsenators gefordert, gestern trafen sich Eltern aus Kitas und Grundschulen in ganz Hamburg, die gegen diese Reform seit Wochen protestieren, zu einem neuen Vernetzungstreffen. 

Obwohl es das 3. Treffen war, wurde noch einmal deutlich, wie vollkommen überrumpelt sich die Eltern von dieser Reform fühlen, wie sehr es immer immer noch an Informationen fehlt,  und wie groß  Unzufriedenheit  und Ärger über diese Reform sind.

Zunächst berichteten die Vertreter des Elternausschusses Kindertagesbetreuung, LEA, von einem Treffen mit Vertretern der Sozial- und Schulbehörde, beide Behörden sind für die Umsetzung der Reform zuständig. Doch erst gestern erfuhren die versammelten Eltern:   Drei der vier Ganztagsmodelle, zwischen denen die Grundschulen sich entscheiden sollen, nämlich das offene, gebundene und die teilgebundene Ganztagsschule, fallen in die Zuständigkeit der Schulbehörde und damit auch unter das Schulgesetzes: bei diesen Formen soll deshalb für alle Kinder, die am Nachmittag teilnehmen, auch nachmittags Schulpflicht gelten.

Für die vierte Form von Ganztagsschule, die ganztägige Bildung und Betreuung, GBS, dagegen soll die Sozialbehörde zuständig sein. Die GBS Nachmittagsbetreuung falle demnach unter das SGB8 – Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) – Kinder- und Jugendhilfe, Sozialgesetzbuch, so die LEA Vertreter.  

Trotzdem gilt bei GBS weiterhin bis nachmittags 16 Uhr Anwesenheitspflicht für alle Kinder in der Nachmittagsbetreuung an mindestens drei Wochentagen. Das ist einer der Punkte, gegen die die Eltern sich in den letzten Wochen besonders gewehrt haben. Sie wünschen sich flexible Abholzeiten, die zu ihren Arbeitszeiten passen, so wie es auch in den Horten bisher möglich war.

In diesem Punkt gibt es nach Auskunft der LEA Vertreter nun möglicher weise eine neue Entwicklung:  Schulsenator und Behörden hatten die Anwesenheitspflicht der Kinder bis 16 Uhr bisher damit begründet, dass die Träger dies so wünschten und benötigten, um Personal und Betreuung besser planen und organisieren zu können.

Bei dem Treffen an diesem Abend hätten die Vertreter der Hortträger allerdings keineswegs auf der Anwesenheitspflicht bestanden, berichteten die LEA Vertreter den erstaunten Eltern.  Es werde deshalb über die Flexibiltität neu nachgedacht, so die LEA Vertreter weiter.  

Die Flexibilität der Abholzeiten bei GBS ist auch Thema eines Antrags der CDU Fraktion in der Bürgerschaft.  Die CDU beantragt, die GBS Nachmittagsbetreuung mit der zeitlichen Flexibilität wie im Hort auszustatten. In der Bürgerschaftssitzung am Donnerstag soll (vermutlich nach 20 Uhr) über den Antrag abgestimmt werden (BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG, Drs. 20/20). Die SPD hat außerdem, wie die Eltern heute erfuhren, noch schnell den Zusatzantrag eingebracht, die Flexibilität für die Eltern zu erhalten und Verbindlichkeit für die Kooperationspartner Träger und Schule schaffen. ( BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG, Drs. 20/20 zu Drs. 20/2357).  Beide Anträge  sind nachzulesen in der Parlamentsdatenbank:  https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/
                                                                                                                                                                Die für viele Eltern spannende Frage ist, ob mit diesen Anträgen auch wirklich mehr Klarheit über die Frage der Abholzeiten entsteht.

Die Flexibilität ist aber nur einer der Punkte, über die noch immer keine Klarheit herrscht. Auch die Fragen, ob alle Schulen ausreichende Küchen erhalten, ob es Mensen geben wird, die den Wünschen von Schulen und Eltern entsprechen, welche Träger die GBS Betreuung übernehmen sollen, und wie diese Träger gefunden werden sollen, welches die rechtlichen Grundlagen für die Reform sind, all das sind Punkte, über die immer noch großes Informationsdefizit bei den Eltern herrscht. Einige Schulen hätten deshalb die Abstimmung über die Anträge erst einmal verschoben, erklärten einige Eltern des Netzwerktreffens.

Selbst die Kernfrage ist für viele Eltern noch ungeklärt. Wie groß ist die Entscheidungsfreiheit der Schulkonferenzen, können sie die Umwandlung ihrer Schule in Ganztagsschule auch ablehnen?

Wie sich gestern abzeichnete, müssen die Schulkonferenzen faktisch auch dann eine für eine Umwandlung ihrer Schule in Ganztagsschule stimmen, wenn dies nur eine Minderheit der Eltern wünscht. Denn ohne eine Betreuung in der Schule werden viele Eltern demnächst keine Betreuung für ihre Kinder haben. Alle Hamburger Horte, das wurde klar, werden nach und nach im nächsten Schuljahr auslaufen, wenn es keine Kita-Gutscheine für sie mehr gibt.Dann werden alle Schulkonferenzen moralisch gezwungen sein, zumindest für GBS zu stimmen. Viele Schulen fühlen sich dadurch, das hatte schon das 2. Vernetzungstreffen ergeben, erpresst, Ganztagsschule zu werden.

Nach dem Jahr 2013 werden die Schulkonferenzen das aber sowieso nicht mehr entscheiden, das erfuhren viele Eltern gestern auch zum ersten mal. Denn ab 2015 soll es ein Rechtsanspruch für Eltern auf Ganztagsschulbetreuung geben, dann haben die Schulen gar keine Wahl mehr.

Eins machten die Eltern gestern noch einmal klar, ihr Protest gegen diese Ganztags-Schulreform, ihr Tempo und ihre Rahmenbedingungen geht weiter.

 

Ganztagsschul – Reform: Die Probleme der Pilotschulen und was man daraus lernen kann: Eine Befragung von Eltern für Eltern

12 Dez

Probleme mit dem Mittagessen, mit Lärm, Räumen, Freizeit, Kursen, Hausaufgabenbetreuung – fast an allen 29 Grundschulen in Hamburg, die seit August 2010 schon in GBS, offene oder gebundene Ganztagsschulen umgewandelt worden seien, gebe es Probleme dieser Art. So am Freitag der Landeselternausschuss   Kindertagesbetreuung, LEA. In seiner Stellungnahme zur Ganztags – Schulreform von Schulsenator Rabe hat der LEA u.a. die fehlende Evaluation und Auswertung der schon gestarteten Pilot und Modell – Ganztagschulen durch die Schulbehörde heftig kritisiert. Vertreter der Hort – Elterninitiative „Peter und Paula“ machten gestern deshalb noch einmal auf eine Liste mit teils erheblichen Mängeln und Problemen aufmerksam, die eine Befragung von Eltern und Mitarbeitern der ersten „Pilotschulen“ durch LEA, Elternintiative und das Hamburger Hortbündnis im Frühjahr ergeben hatte.

Sieben Pilotschulen Hamburg haben schon im August 2010 mit der Nachmittagsbetreuung von Schulkindern in Schulen statt Horten im Rahmen der „ganztägigen Bildung und Betreuung , GBS“. begonnen. 21 weitere Modellschulen wurden in diesem Schuljahr in offene oder gebundene Ganztagsschulen ungewandelt. Wertvolle Probeläuf, so meinen viele Eltern, für die Ganztags-Schulreform des Hamburger Schulsenator. Aus diesen Erfahrungen der Vorreiterschulen könnten die Schulen, denen die Umwandlung in Ganztagsschule jetzt bevorsteht,  viel lernen und Fehler vermeiden. Denn Schulsenator Ties Rabe erwartet schon bis Ende Dezember, spätestens März, von den Hamburger Grundschulen Entscheidungen darüber, in welches von vier Ganztagsmodellen sie sich umwandeln wollen. Alle sollen spätestens bis zum Schuljahr 2013/14 Ganztagsschule sein. Doch die Erfahrungen der bisherigen Pilot- und Modellschulen, auf die die Eltern und Schulen ihre Entscheidungen stützen und aus denen sie  lernen könnten,  liegen ihnen nicht vor.

Es habe lediglig eine Auswertung per Fragebogen gegeben, deren Ergebnisse aber nicht bekannt gegeben worden seien. Eine richtige Evaluation von GBS und anderen Ganztags-Formen sei überhaupt nicht vorgesehen, so heißt es in der Stellungnahme des LEA. Diese sei aber  als „Erfahrungspool für die folgenden Ganztags-Schulen unerläßlich…Da eine Überprüfung nicht erfolgen soll, muss daraus geschlossen werden, dass es tatsächlich nicht um die Verbesserung der Betreuung und Bildung geht, sondern in erster Linie darum, eine größere Zahl von Kindern in eine Betreuung zu bekommen“, schlussfolgert der LEA.

In Ermangelung einer offiziellen Evaluation durch die Behörde habe  das Hortbündis, der LEA und die Elterninitiative „Peter und Paula“ im April 2011 selber bei mehreren Treffen die Eltern und Beschäftigten der Pilotschulen nach ihren Erfahrungen befragt, sowie nach den „Gelingensbedingungen“ für die Nachmittagsbetreuung der Schulkinder (GBS)  in der Schule. Das erklärte jetzt ein Vater von „Peter und Paula“. Die Befragung sei bei den Verantwortlichen in Politik und Behörde allerdings nicht auf Interesse gestoßen, ergänzte er, „denn wenn man es anerkennt und wahrnimmt, wäre man ja in der Pflicht etwas zu verbessern.“ 

Die Fragen nach den Erfahrungen der Pilotschulen ergaben eine ausführliche Liste mit Problemen und Verbesserungswünschen  von Eltern und Mitarbeitern dieser Vorreiterschulen.

Sie umfaßt die Punkte: Konzept, Personal, Raum, Betreuungszeiten, Essen und Verpflegung, und ist eine wertvolle Orientierung und „Checkliste“ für die Eltern und Beschäftigten der Grundschulen, die im nächsten und übernächsten Jahr Ganztagsschulen werden sollen. Für alle betroffenen Eltern veröffentlicht deshalb Kirschsblog hier die Liste:

Der Text, so der Vertreter von „Peter und Paula“ sei damals „bewusst konstruktiv“, also sehr freundlich formuliert worden.  Die Bezeichnung „kritisch“ könne man „getrost als „hier läuft es katastrophal“ und „hilfreich“ mit „so MUSS es gemacht werden“ übersetzen.  

Pädagogisches Konzept

 

kritisch : Gruppenzusammenstellung nicht nachvollziehbar

Klassengemeinschaft wird getrennt

Hausaufgabenbegleitung z.T. unbefriedigend (z.B nur 1 Erzieherin)

Pädagogisches Konzept nicht erkennbar

Keine Projektarbeit der Erzieherinnen mehr

zuerst kaum Freispiel möglich

Kinder dürfen nicht allein auf den Schulhof / Flur

Kaum situativ  gestaltete Pädagogik, wenig Angebote

Kinder langweilen sich, dadurch verstärkt Konflikte und Disziplinierungsprobleme

Strafe als Disziplinierungsmaßnahme (im Sekretariat sitzen)

Viel nach Schema F, wenig Flexibilität

Oder zu offenes Konzept, zu viel Wechsel

häufiger Kursausfall durch Urlaub oder Kündigungen

Kurse können nicht nach individueller Neigung belegt werden (z.B. überfüllt oder nicht angeboten)

Angebote kosten extra (z.B. Jugendmusikschule)

hilfreich: Gruppenbezug

Klassenverband bleibt erhalten

Zuordnung der Kinder zu Bezugserzieherin

Konzeptionelle Vorgabe: regelmäßiger Kontakt Bezugserzieherin óKind

Bezugspersonen sind verfügbar (Grundvoraussetzung für pädagogische Arbeit)

Auf Kursangebote zugunsten von frei gestalteter Zeit  verzichten

Gute Struktur für den Tagesablauf mit geplanter Hausaufgabenzeit

Wunsch der Eltern: Betreuung ist Freizeit und keine verlängerte Schulzeit!

Personaleinsatz

 

kritisch: durchweg zu geringe Ressourcen für die personelle Ausstattung

Erzieherin-Kind-Schlüssel im Mittel 1:23 oft höher (z.B. 1:28)

Bei Krankheit einer Erzieherin werden Kinder aufgeteilt ( dann 1:30)

Wenn ein Kind sich verletzt, sind die anderen ohne Aufsicht

mangelnde Qualifikation: Tagesmütter als Erzieherinnen tätig

Arbeitsbedingungen unattraktiv ( 15 Stunden für Erzieherinnen; geringe Honorare für Kursleiter)

Mangelnde Beziehungsstabilität:

Hohe Personalfluktuation bei Leitung, Erzieherinnen, Honorarkräften

Zu viel Kurssystem, zu wenig kontinuierlicher Kontakt zu Bezugsperson

Personalwechsel in Randbetreuung

 

hilfreich: ausgebildete Hort-Erzieher(innen)

zusätzlich: studentische Hilfskräfte oder Ehrenamtliche (Notlösung)

höherer Beschäftigungsumfang z.B. bei Angliederung an eine Kita möglich

Erzieherin der Ganztagsbetreuung betreut auch in der Randbetreuung 

 

Raumgestaltung

 

kritisch: mangelnde Ausstattung (Honorarkräfte nutzen persönliches Material)

Keine flexible Nutzung / Gestaltung möglich

Keine gemütliche Atmosphäre, öder Raum

‚Raum als dritter Pädagoge’ kann nicht wirken: erhöhte Unruhe

keine Rückzugsmöglichkeit für Erholung und Entspannung

Möbel / Spiele / Einrichtung des Klassenzimmers werden zerstört

hilfreich: eigene Räume für die Betreuung

Bei Nutzung von Klassenräumen:

Anschaffung von Mobiliar, das leicht zu bewegen ist

abschließbarer Schrank für die Erzieherin

Nebenraum mit Teppich

Fächer und Ablagen für Kinder der Nachmittagsbetreuung

Betreuungszeiten

 

kritisch: verpflichtende Betreuung an mindestens 3 Tagen bis 16 Uhr.

Kinder können ihre Freizeit nicht mehr individuell gestalten

hilfreich: 2 Abholzeiten: 14.30 und 16 Uhr

oder immer zur vollen Stunde

Wunsch der Eltern: flexible Betreuungszeiten

 

Randbetreuung

kritisch: Finanzierung reicht nicht:

Betreuung vor 8.00 Uhr findet z.B. an 1 Schule nicht statt weil zu wenig Kinder

Betreuung nur möglich durch Querfinanzierung der Träger

Individuallösungen: Mitbetreuung in der Kita, Honorartätigkeit Vorschullehrerin

 

Ferienbetreuung

kritisch: Kosten für Ausflüge zwischen 1.50 – 3 €

Personalschlüssel ermöglicht z.T. keine Ausflüge oder Projekte

Ferienprogramm z.T. nicht altersgerecht und langweilig (Laterne Basteln)

(Zitat einer Mutter: ‚katastrophal’)

Betreuungsbedarf muss 1 Jahr im Voraus angemeldet werden

hilfreich: Ausflüge statt Aufenthalt in der Schule

Einige Eltern haben sich eigene Ferienbetreuungen organisiert.

 

Essen / Verpflegung

Kosten zwischen 2,90 € und 3,50 €

Essen in der Aula, Containern oder Multifunktionsräumen

Essensqualität z.T. gut z.T. kritisch

kritisch: unzureichender Etat für die Organisation der Essensverteilung

Essen in mehreren Schichten (Standzeit des Essens: bis zu 2 Stunden)

Keine Versorgung nach dem Mittagessen oder

von Eltern bezahltes Obst am Nachmittag

hilfreich: Ökotrophologin

              eigen Küche des Trägers

 

Zusammenarbeit Lehrerinnen / Erzieherinnen

 

kritisch: mangelnder Austausch zwischen Lehrerinnen und Erzieherinnen

Kinder fungieren als Info-Boten

Erzieherin nicht an Elterngespräch beteiligt

hilfreich: Prozessentwicklung in Kooperation von Schule / Träger / Eltern

regelmäßiger Austausch Lehrerinnen ó Erzieherinnen

 

Einbeziehung von  Eltern

 

kritisch: Einschränkung der individuellen Wahlfreiheit

keine individuelle Nachmittagsgestaltung mehr möglich (Geburtstage, Verabredungen mit Freunden oder Verwandten, Hobbys jenseits des Kurssystems…)

keine Einbeziehung in der Vorlaufphase

Eltern erhalten von der Schule kaum Informationen

 

hilfreich: Sprechzeiten für Eltern (15.45 – 16.00 Uhr)

und zusätzliche Terminvergaben

regelmäßige Beteiligung an der Konzeptentwicklung im Vorwege

GBS-Elternvertreter im Schul-Elternrat


 

 Drittes GBS-Vernetzungstreffen

 

am Montag, den 12.12.2011 um 19.30 Uhr

im Sitzungssaal M / Schulbehörde (Hamburger Straße 41 III. Stock, Zugang über EKZ Hamburger Meile / Hamburger Straße)

 

Der Raum wird ausgeschildert sein.