Binnenfreiwilligkeit – Freiwilligkeit im Sinne des Ganztagsschulbeauftragten

29 Mär

Es gibt offenbar mehr von ihnen, als Pisa-Fachleute, Politiker wie der derzeitige Präsident der KMK, Schulsenator Rabe und Präsidenten von Handelskammern erwarten: Kritiker, die eine Verschulung der Kindheit und den flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschule für alle nicht wünschen – Norbert Blüms Streitschrift gegen die „Enteignung  der Kindheit“ (vorheriger Kirschsblog-Bericht) spricht vielen Eltern, Erziehern,  und anderen, wie der Erfolg zeigt, aus der Seele.

Für die Kritiker der Ganztagsschule und der Kürzungen in der offenen Jugendarbeit hatte Hamburgs Ganztagsbeauftragter Uwe Gaul am Mittwoch Abend im Rathaus Altona ein neues Wort parat.

Binnenfreiwilligkeit!

An der Ganztagsschule werde es Binnenfreiwilligkeit geben, beschwichtigte er kritische Zuhörer im vollbesetzten Kollegiensaal des Rathauses Altona, darunter viele Mitarbeiter von offenen Jugendtreffs oder Abenteuerspielplätzen, deren Mittel die Stadt wegen der Ganztagsschule um 10 Prozent kürzen will. Was das denn sei, fragten Eltern und Jugendhilfe-Vertreter zurück, die die Ganztagsdiskussion  mit ernsten Gesichtern, kritischen Anmerkungen und Nachfragen verfolgten. Der Ganztagsbeauftragte bemühte sich um eine Erklärung.

Was er mit dem Wort Binnenfreiwilligkeit offenbar meinte:

Kinder die den ganzen Tag verpflichtend in der Schule verbringen, sollen in der verpflichtenden Anwesenheit am Nachmittag im Kursangebot der Ganztagsschule zwischen Werken, Förder-, Gymnastik- und anderen Kursen wählen.

Googelt man den Begriff  „Binnenfreiwilligkeit“, stößt man auf fünf Einträge:  Er ist, so scheint es, entstanden im Zusammenhang mit Beratungsgesprächen in der Psychologie, und findet Verwendung bei Beratungsgesprächen in Schule oder Arbeitsamt. Es handelt sich, so wird da erklärt, um eine Möglichkeit „einer äußeren Verpflichtung die Möglichkeit gegenüberzustellen, innerhalb der Lernberatung ,stumm zu bleiben’ („Binnenfreiwilligkeit“)“ httb://bbb-dortmund.de/jobbb2/Klein_Reutter_Lernberatung.pdf

Was das nach Erklärung von Ganztagsplaner Uwe Gaul in Hinblick auf Ganztagsschule weiter bedeutet:

Innerhalb des von der Ganztags-Schule bestimmten und festgelegten Kursangebots sollen Schüler auswählen, im Freiraum außerhalb der Schulen dürfen sie nicht mehr frei wählen – aber, so Uwe Gaul, Schulen würden möglicherweise mit einem ganzen Kurs einen Abstecher in eine Jugendhilfeeinrichtung machen. Die Einrichtungen, mit denen die Schule kooperiert, werden von der Schule ausgewählt,auch für diese Abstecher,  und zwar für einen kompletten Kurs, der dann geschlossen daran teilnimmt. Kinder können also nicht mehr einzeln an Angeboten der offenen Jugendhilfe im Stadtteil teilnehmen, auch die Teilhabe an anderern kulturen oder sportlichen Angeboten der Stadt, an Jugendoper, Balletschule oder Pfadfindertreffen etc. , die außerhalb des schulisch vorgegebenen Kursprogramms stattfinden, bleibt den Schülern der Ganztagsschule, die am Ganztagsnachmittag teilnehmen, verwehrt. Nach dieser Erklärung gilt gilt also:

Kinder in der Ganztagsschule sind demnach binnenfrei – im Gegensatz zu außenfrei, oder einfacher: Binnenfrei, im Gegensatz zu frei.

Ungeklärt bleibt noch, was passiert, wenn sich kein Kurs findet, den Schüler binnenfreiwillig wählen wollen, zB. wenn ein Kurs voll belegt ist. Müssen sie dann in einen anderen Kurs gehen, und können sie dort dann stumm bleiben? Aber das ist vielleicht eine unpassende Frage.

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