Krachmachen für den Erhalt der Kinder- und Jugendarbeit: 300 Demonstranten protestieren vor dem Rathaus gegen Kürzungen

12 Apr

„Lieber Bürgermeister, komm raus, unser Baui und unser Jugendtreff soll bleiben“, rief ein Mädchen gestern nachmittag mit ihrem Megaphon in Richtung Rathaus.  Drinnen tagte um diese Zeit der Sozialausschuss der Bürgerschaft. Rund dreihundert Kinder, Eltern, Erzieherinnen und SozialarbeiterInnen waren mit Plakaten, Bannern, Rasseln und Vuvuzelas am Nachmittag vom Jungfernstieg in die Bannmeile vor das Rathausaustore gezogen, um gegen die vom SPD – Senat vorgesehenen Kürzungen in der offenen Kinder- , Jugend- und Familienarbeit zu protestieren. Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (Basfi) sieht vor, ab 2013 die Mittel für diese Arbeit um 10 Prozent zu kürzen, es geht um eine Summe von 3,5 Millionen Euro.

Orange - Farbe des Protests gegen die Kürzungen in der Kinder- , Jugend- und Familienarbeit

Wir machen Krach für alle Abenteuer- und Bauspielplätze, für Mädchentreffs,  für Kinder- und Familienzentren, für Erziehungsberatungsstellen,.. rief eine der Organistorinnen der Demonstration in ihr Megaphon. Lautes Tuten, Tröten, Scheppern brach darauf los, aus  einem Meer von orangenen Sicherheitswesten, orangenen Schals, Tüchern, Mützen und Jacken der versammelten Demonstranten. Orange, das war die Farbe des Protestes an diesem Nachmittag,  des Protestes, zu dem Mitarbieter und Nutzer von Jugendeinrichtungen und Familienzentren, sowie das Netzwerk Offene Kinder- und Jugendarbeit „Nokija“ aufgerufen hatten, unter anderem in einer Unterstützergruppe auf Facebook mit dem Namen: „Offenbleiben: Kinder- und Jugendarbeit in Hamburg“.

„Die Kürzungen bedeuten für uns, dass wir eine Reihe von Angeboten nicht mehr anbieten können“,  erklärte Rolf Henningsmeyer, Geschäftsführer der Gemeinswesensarbeit (GWA) St. Pauli, das von Leseförderung, Krisen- und Konflikthilfe für Familien, über einen Mädchenclub Fahradwerkstatt,  Männergruppe, bis hin zur Hausaufgabenbetreuung täglich zu 10 unterschiedlichste Angebote in der Sozial und Kulturarbeit im Stadtteil macht. Wegfallen müßten wohl die Samstagsangebote, und Sonderprojekte wie Familienausflüge oder Ferien-Fahrten, die besonders „geldintensiv sind“. „Auch nach der Schule, nach 16 Uhr haben wir hier ein volles Programm“, erklärt eine Mitarbeiterin, auch für viele Eltern, die nicht das Geld dafür haben, und für Kinder, die zuhause keinen Raum haben. Kürzungen könnten auch die Theaterarbeit oder den Zirkus der GWA treffen.

Begründet werden die Kürzungen mit dem Ausbau der Ganztagsschulen: „Wenn wir flächendeckend die ganztägige Betreuung in Krippen, Kitas und Schulen ausbauen, dann wird sich die soziale Landschaft der Stadt verändern. Kinder werden sich dort viel aufhalten. Für die Träger wird es dadurch Veränderungsbedarf geben“, so Sozialsenator Scheele in einem Interview der TAZ am 30 März. http://www.taz.de/Streit-um-Sparpolitik/!90713/

Der Bauspielplatz sei aber bis 18.30 geöffnet, also auch nach der Ganztagsschule, die normalerweise um 16 Uhr endet, erklärt die 12 jährige Leonie, die zu der Demonstration gekommen ist. Sie will für den Erhalt des Bauspielplatzes Rahlstedt Ost protestieren. „ich habe Angst, dass der geschlossen wird.“

Cigdem (14), Eda (17), Elenay (13) kämpfen für den Erhalt des Aktivspielplatzes Altona Nord

„Die wollen unser Geld wegkürzen, im Hort und im Bauspielplatz,“ erklären zwei andere Mädchen, „ wir haben ein Gelände mit Spielhäusern, die haben wir selber gebaut, die wollen uns das wegnehmen.“ “ Ich bin da groß geworden“, ergänzt die 17jährige Eda, “ da habe ich von den Betreuern gelernt, dass ich meine Streitigkeiten mit Reden klären kann. Die Kleinen können das nicht, wenn sie das nicht erklärt bekommen“,  in ihrer Familien würden sie das nicht lernen,  fügt sie noch hinzu.  

„Wir werden mit ja den Schulen kooperieren, erklärt eine Demonstrantin auf die Frage, ob sie die Erklärung des Senators überzeuge, dass Ganztagsschule die Kürzungen rechtfertigen.  Sie ist Mitarbeiterin eines Jugendzentrums. „Und außerdem“, so ergänzt sie, „kommen auch nach 16 Uhr kommen viele Jugendliche zu uns“.

„Wir sind auch betroffen“, erklären schließlich  Mitarbeiter des Kinder- und Familienzentrums Schnelsen. „auch unsere Erziehungs und Elternberatung. Wir unterstützen Familien in sozialen Fragen, zB. bei Stress mit Angehörigen und in Gewaltsituationen. Noch sei nicht bekannt, wie hoch die Kürzungen bei ihnen konkret ausfallen werden, es werde aber zu Einschränkungen kommen, etwa beim Angeboten wie dem Frauenfrühstück oder dem Babytreff. Die betroffenen Eltern seien deshalb auch bei dieser Domonstration dabei.

„Kinder und Jugendliche brauchen Freiräume“, heißt es auf einem Flyer „wo sie sich unkompliziert und selbstbestimmt treffen könnten…, in denen sie sich erproben können,… in denen sie direkt und unmittelbar an der Ausgestaltung der Aktivitäten beteiligt sind, ….verlässliche AnsprechparterInnen vorfinden und….Wertschätzung erfahren.“

Und weiter, auch „für viele Eltern in den Stadtteilen werden diese Kürzungen massive Einschränkungenzur Fogle haben. Der unkomplizierte Zugang zu Unterstützungsangeboten … im Stadtteil sowie die damit verbundene Beratungs- und Treffmöglichkeiten in der Nachbarschaft ….würden wegfallen.“ Die 3,5 Millionen Euro seien im übrigen nicht die einzigen Kürzungen. Sie beträfen die Bezirke. „Eine annhähernd gleich hohe Summe“ solle darüber hinaus auch im „Bereich der überregionalen Förderung und bei kommunalen Einrichtungen“ gekürzt werden. Die Gesamtsumme der geplanten Kürzungen liege damit bei 7 Millionen Euro.

„Für die Einrichtungen der Offenen Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien besteht eine gesetzliche Förderungspflicht seitens des Senats“, so heißt es im Flyer. Er endet mit der Forderung, die Demonstranten an diesem Nachmittag vereinte: „Wir fordern den Hamburger Senat auf, die beabsichtigten Kürzungen in vollem Umfang zurückzunehmen und zukünftig füreine nachhaltige und verbindliche Absicherung der Arbeitsfelder Sorge zu tragen“.

Das Tröten, Trillern und die Protestrufe aus den Megaphonen der Demonstranten vor dem Rathaus hielten noch lange an. Doch eine  Antwort der im Rathaus tagenden Abgeordneten und Politiker blieb aus. Mehr Information auf der Homepage von: www.Nokija.de

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  1. Nokija - Netzwerk Offene Kinder- und Jugendarbeit » Blog Archive » Unterschreiben für ein kinder- jugend- und familienfreundliches Hamburg - April 13, 2012

    […] Mädchentreffs, Kinder- und Familienzentren, Elternschulen, Häuser der Jugend, … Die Kundgebung am 12. April war ein weiterer lautstarker […]

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